Blockchain –  vom Hype zur Killer-Applikation für Unternehmen

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Die Blockchain-Technologie revolutioniert nach Aussage vieler Experten das Internet. Ursprünglich für die Transaktion der Krypto-Währung Bitcoin entwickelt, gibt es vielfältige weitere Einsatzmöglichkeiten für die Technologie, die eine fälschungssichere Übermittlung von Daten erlaubt. Denn eine Blockchain macht es möglich, digitale Informationen zu verteilen, ohne dass diese kopiert werden können. Ist Blockchain also tatsächlich eine Revolution in der Datenübermittlung, ein ökonomischer Meilenstein mit unendlichen Anwendungsmöglichkeiten? Über Vorteile und Chancen, Fakten und Tech-Mythen sprechen Benjamin Krebs und Roland Schäffer in der aktuellen Folge mit Andreas Göbel, Head of CoDI (Center of Digital Innovation) Blockchain bei Camelot ITLab.

“"Grundsätzlich muss man sagen, die Blockchain an sich enthält eigentlich kaum neuartige Technologie. Es ist eher die bestimmte Konstellation von Technologien, die schon sehr lange existieren. Konstellationen von Netzwerken, Servern, verwendung von kryptografischen Mitteln und Verteilung der Anwendungen. Das sind so die Grund-Prinzipien in der Blockchain."”

— Andreas Göbel

Guest List

  • Andreas Göbel Head of CoDI (Center of Digital Innovation) Blockchain, Camelot ITLab
  • Benjamin Krebs Moderator, Dell Technologies
  • Roland Schäffer Co-Moderator, Dell Technologies

Die Route ist berechnet. Ziel 2030.

 

Roland Schäffer: Hi und herzlich willkommen zu einer neuen, spannenden Etappe auf der Road to 2030, dem Podcast zu Technologie und Gesellschaft von Dell Technologies. Unser heutiger Gast, und ich freue mich sehr, ist Andreas Göbel, Head of CoDI, dem Center of Digital Innovation Blockchain bei der Camelot ITLab. Ich bin Roland, ihr kennt mich, und ich werde euch heute als Co-Moderator mit leckeren Snacks versorgen. Ich hoffe, ihr seid bereit. Vergesst nicht, euch anzuschnallen! #00:00:41.0#

 

Am Steuer darf ich heute wieder meinen geliebten Kollegen Benny Krebs begrüßen. Hi Benny! Wie geht’s dir? #00:00:47.8#

 

Benjamin Krebs: Mir geht’s gut. Vielen Dank, Roland für die herzliche Begrüßung! Auch ich freue mich natürlich auf unseren Gast heute und ein spannendes Gespräch zum Thema Blockchain. Wir wollen diesem ja doch schon seit einigen Jahren mittlerweile vertretenen, aber immer wieder auch als Trend auftretenden Thema eine Folge dieses Podcasts auf unserem Weg nach 2030 widmen und dabei in die Hintergründe der Technologie einsteigen, um zu verstehen, was da passiert. Wir wollen die Anwendungsfelder beleuchten, und wir wollen natürlich auch schauen, wie weit sind wir in der praktischen Anwendung und welche Herausforderungen gibt es auf diesem Weg, die Blockchain noch weiter zu nutzen. Herzlich willkommen auch von meiner Seite, Andreas! Schön, dass du da bist. Ich hoffte, du sitzt bequem und bist angeschnallt? #00:01:36.9#

 

Andreas Göbel: Ja, bin ich. Danke Benny und Roland, dass ihr mich hier im Wagen ein Stück mitnehmt auf der Reise nach 2030. #00:01:43.6#

 

Benjamin Krebs: Sehr schön! Wir freuen uns auf die Etappe mit dir. Wir fangen gerne mit unseren Gästen für ein kleines Warmup mit einem Speed-Check an, damit einfach die Zuhörerinnen und Hörer dich besser kennenlernen können. Und ich werde dir auf diesem Speed-Check jetzt immer zwei Begriffe nennen und du sagst einfach, der, der dir als erstes zusagt oder der dich anspricht, den nennst du dann. Okay? #00:02:11.8#

 

Andreas Göbel: Okay! #00:02:12.1#

 

Benjamin Krebs: Alles klar! Dann: Tag- oder Nachtmensch? #00:02:15.7#

 

Andreas Göbel: Nacht. #00:02:16.8#

 

Benjamin Krebs: Bier oder Wein? #00:02:18.3#

 

Andreas Göbel: Wein. #00:02:19.2#

 

Benjamin Krebs: Steak oder Salat? #00:02:20.7#

 

Andreas Göbel: Steak. #00:02:21.5#

 

Benjamin Krebs: Wandern oder schwimmen? #00:02:23.0#

 

Andreas Göbel: Oh! Wandern. #00:02:25.1#

 

Benjamin Krebs: Sehr schön! Bargeld oder Karte? Und da setze ich noch einen dazu, oder Handy? #00:02:30.7#

 

Andreas Göbel: Karte. #00:02:31.8#

 

Benjamin Krebs: Auto oder Fahrrad? #00:02:34.9#

 

Andreas Göbel: Auto. #00:02:35.8#

 

Benjamin Krebs: Alles klar! Super! Vielen Dank, lieber Andreas! Damit sind wir mittendrin. Jetzt haben wir ein bisschen was über dich schon erfahren, einen ersten kurzen Eindruck bekommen. Der Roland hatte dich vorhin auch schon vorgestellt und gesagt, was du machst. Du bist aber über die Funktionen bei den Unternehmen hinaus auch noch ein Speaker und Evangelist zum Thema Blockchain und auch zum Thema Einsatz der Blockchain im Bereich Healthcare. Was genau hat dich denn dazu bewogen, zu diesem Feld zu kommen? Und was begeistert dich besonders an dieser Aufgabe, die du dort wahrnimmst? #00:03:13.3#

 

Andreas Göbel: Der Fall ist relativ interessant. Tatsächlich bin ich nach meinem Wechsel hier zum Camelot ITLab zu dem Thema gekommen wie die Mutter zum Kinde. Ich hatte persönlich schon einen Blockchain-Hintergrund aus dem Bereich der Kryptowährung, war ich engagiert im Bereich Mining. Ich habe tatsächlich selbst Mining betrieben, habe mich ganz besonders interessiert für die Optimierung von Mining-Algorithmen. Tatsächlich kann man auch mit Software da noch mehr Performance herausholen. Und deswegen war mir die Technologie zumindest ein Begriff, als hier im Beratungsumfeld Kundenanfragen kamen. Und die kamen tatsächlich interessanterweise gleich zu Beginn aus dem Bereich Pharma und Healthcare. So kam eins zum anderen. Seither beschäftigen wir uns bei Camelot ITLab mit Enterprise-Anwendungen mit Blockchain-Anteil, sage ich mal. Und seither habe ich auch verschiedene Hüte auf im Unternehmen, fast jeder Hut hat irgendwo was mit Dezentralisierung und Blockchain zu tun. Wir haben eine interne Blockchain-Entwicklung, wir machen auch Kundenprojekte, PoC Implementierungen in verschiedenen Branchen. Aber den Schwerpunkt haben wir dann doch gelegt auf den Bereich Healthcare, wo wir dann auch noch eine zusätzliche Unternehmung ausgegründet haben, um speziell mit neuen Technologien wie zum Beispiel Blockchain innovativen Therapien zu helfen, die gerade versuchen, sich am Markt zu etablieren. Es geht da stark in die Richtung personalisierte Medizin. Und da gibt’s ein paar sehr interessante Anwendungsfälle für Blockchains und verwandte Technologien. Und durch diese Breite, natürlich hauptsächlich dann durch den Job im Unternehmen, bin ich natürlich auf verschiedenen Events gewesen, zunächst mal zum Informationssammeln und später dann tatsächlich auch aus Eigeninteresse, zunächst mal die Technologie zur evangelisieren, aber auch Anwendungen und auch Produkte. #00:05:13.7#

 

S: Toll! Sehr gut! Das ist wirklich ein interessanter Weg, den das genommen hat und dass du da dann von, ich sag mal, vom Mining der Kryptowährungen hin bis zum Feld der Anwendungsfälle in der persönlichen oder personalisierten Medizin den Werdegang im Bereich Blockchain gemacht hast, ist wirklich eine spannende Geschichte. Natürlich haben wahrscheinlich fast alle unsere Hörerinnen und Hörer schon mal was von Blockchain gehört. Und ich denke, dass die meisten, so wie ich auch, das erste Mal im Zusammenhang mit Kryptowährungen davon gehört haben, häufig aber nicht wirklich sich damit beschäftigt haben, was steckt denn hinter dieser Technologie eigentlich. Deswegen würde ich gerne mit dir einen kleinen Schritt zurückgehen, um mal so die Basis zu schaffen. Wenn du uns kurz erklären könntest, was genau ist denn die Blockchain, die Blockchain-Technologie und was steckt dahinter? Was ist die Idee dazu? Und von dort gehen wir dann in die tieferen Themen. #00:06:17.4#

 

Andreas Göbel: Danke für die Frage. Du siehst schon, ich lach so ein bisschen. Das ist meine persönliche Challenge dieses Podcasts, denn diese Frage zu beantworten, ist schon mit Bilduntermalung hinlänglich schwierig und im Regelfall kann man darüber vier Stunden reden. Grundsätzlich muss man sagen, die Blockchain an sich enthält eigentlich kaum neuartige Technologie. Es ist eher die bestimmte Konstellation von Technologien, die schon sehr lange existieren: Konstellation von Netzwerken, von Servern, Verwendung von kryptografischen Mitteln und verteilte Anwendungen. Das sind so die Grundprinzipien der Blockchain. Wenn wir noch einen Schritt weitergehen und sagen, was sind denn jetzt die vier, fünf Eckpfeiler oder Grundbausteine der Blockchain-Technologie? Dann würde ich sagen: Das ist zum einen die Dezentralisierung. Ich betreibe etwas nicht zentral auf einem Server, sondern ich habe viele Server, die alle miteinander vernetzt sind. Und auch ein starkes Attribut der Blockchain ist natürlich die Unveränderlichkeit der Datenablage, die in diesen Servern betrieben wird. Zusätzlich zu dieser Unveränderlichkeit kann man noch sagen, dass wir eine garantierte Konsistenz der Daten sicherstellen können. Es ist nicht nur so, dass die Daten, die da drin landen, unveränderlich bleiben, sondern ich kann natürlich auch, bevor ich diese Daten da reinschreibe, prüfen, machen die überhaupt Sinn? Sonst hätte ich tatsächlich irgendwann unveränderlichen Mist in der Datenbank stehen. Und ein weiterer Kernaspekt ist die garantierte Authentizität aller Teilnehmer. Also wenn ich über ein Blockchain-Netzwerk mit einem Partner kommuniziere, Daten austausche oder Prozesse abwickle, dann kann ich mir sehr sicher sein, dass das Gegenüber auch derjenige ist, für den ich ihn halte. Das alles zusammen aber erst, erst im Zusammenspiel all dieser Komponenten kommen wir eigentlich zum großen Vorteil und zur hauptsächlichen Neuerung der Blockchain-Technologie. Und das ist sozusagen der verteilte Konsens, der verteilte Konsens in Bezug auf die Daten, die in dieser verteilten Datenbank liegen. Also das Netzwerk kontrolliert selbst, stimmt hier noch alles? Zum anderen natürlich aber auch der verteilte Konsens über Logik, über Prozessabläufe. Fällt auch schon der Begriff Smart Contract, hört man relativ häufig. Das sind kleine Programme, die in dieser Blockchain für die Datenkonsistenz sorgen und die Programme selbst sind genau wie die Daten auch unveränderlich. Was eben dann auch zu diesem Konsens führt, dass wir uns einig sind, dass die Logik, die hier gelaufen ist, die zu diesem Zustand der Daten geführt hat, genauso ist, wie sich das die Erfinder dieses Netzwerks vorgestellt hatten. Das ist der eine Blickwinkel. Aber ich muss auf jeden Fall direkt weiter ausholen, um eine zusätzliche Dimension auch gleich reinzubringen. Denn es wird immer sehr viel über Blockchain gesprochen und Blockchain und verwandt, und dann bleibt man bei dem Begriff Blockchain stehen. Deswegen muss ich unbedingt gleich dazusagen, die Grundprinzipien, die ich gerade erwähnt habe, die funktionieren in der Kryptowährung sehr gut, weil da alles digital ist. Die Kryptowährung selbst ist digital, die Überweisungen sind digital, man geht da nicht raus aus der digitalen Welt. Bei Enterprise- und Business-Anwendungen ist das grundsätzlich verschieden. Also es gibt kaum eine Anwendung, die rein digital ist, es geht immer um reale Objekte, es geht um Güter, es geht um Prozesse im echten Leben. Und um diese mit ähnlicher Vertrauenswürdigkeit zu realisieren, gehört mehr dazu als lediglich die Blockchain per se. Wir brauchen weitere technologische Komponenten, um einen ähnlich vertrauenswürdigen Zustand wie zum Beispiel am Beispiel der Kryptowährung zu realisieren für verschiedene Anwendungsfälle, zum Beispiel in der Supply Chain in verschiedenen Branchen. Das wollte ich gleich erwähnt haben, denn da gehört noch eine ganze Dimension zusätzlich dazu, und dann kommen wir auch zu zusätzlichen Technologien wie IoT und auch Confidential Computing, Zero Knowledge Proofs. Das ist eigentlich eher ein Stack an Technologie, den wir da sehen, und der häufig als Blockchain verallgemeinert wird. #00:10:31.5#

 

Benjamin Krebs: Das schauen wir uns im Verlauf des Podcasts oder hören wir uns im Verlauf des Podcasts sicherlich noch mal ein bisschen genauer an. Sehr gut, dass du schon mal darauf hinweist, und danke auch für den Überblick bezüglich der Technologie und was dahintersteckt. Das ist natürlich sehr spannend, wenn man sieht, dass eigentlich durch eine richtige und sinnvolle neue Kombination von bestehenden Technologien eigentlich sowas Neues entstehen kann. Meine weitere Frage bezüglich Blockchain ist das Thema: Wie weit ist denn das eigentlich verbreitet? Ich meine, wir hören schon seit vielen Jahren davon. Jetzt würde mich deine Meinung interessieren als Experte in dem Bereich, in wie vielen Bereichen gibt’s denn schon Blockchain und wie weit ist so die Durchdringung aus deiner Sicht auch in der Industrie, in den Unternehmen? Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass wir lange, für mich gefühlt, nur darüber geredet haben, dass wir aber gerade jetzt auch so, ich glaube, so im letzten Jahr, letzte anderthalb oder zwei Jahren auch doch stärker in echte Anwendungen und echte Nutzung kommen. Aber wie gesagt, das ist nur das Gefühl, deswegen die Frage an dich. #00:11:36.9#

 

Andreas Göbel: Es gibt tatsächlich zunehmend mehr produktive Blockchains oder Systeme, die einen Blockchain-Anteil haben. Ob diese Systeme jetzt grundsätzlich nur mit Blockchain funktionieren können oder ob diese Systeme unbedingt eine Blockchain brauchen oder ob diese Systeme überhaupt ein valider Anwendungsfall für Blockchains sind, sieht man häufig nicht auf den ersten Blick. Aber es gibt definitiv einige produktive Blockchains, auch die Firma SAP, mit der wir auch kollaborieren, hat einige produktive Blockchain-Netzwerke schon ins Leben gerufen. Es gibt da zum Beispiel mit dem Kunden Bumble Bee eine Food-Supply-Chain Traceability Applikation. Da geht’s hauptsächlich um Fisch und um den Ursprung und Traceability des Fisches. Diese Traceability-Themen, die sieht man immer wieder. Es gibt auch in Richtung Pharma, also es gibt in der Pharma-Ecke auch für diese Saleable Returns eine Lösung. Das hat, meines Erachtens, auch SAP initiiert in den USA, um eine Traceability für pharmazeutische Produkte zu realisieren und um validieren zu können, ob denn zurückgesendete Produkte noch echt sind oder ob es sich dabei um Fälschungen handelt. Also das sind Anwendungsfälle, die gibt es produktiv. Es gibt noch weitere, hauptsächlich um gewisse Konsortien herum, die teilweise noch nicht so weit entwickelt sind. Es gibt teilweise auch Konsortien, die haben sich erst mal zusammengefunden, um überhaupt mal erst zu gucken, was gibt es denn für Anwendungsfälle, um sich dann im Laufe des Ganzen zu entscheiden, was machen wir im Blockchain-Umfeld? Ein berühmtes Beispiel dafür ist auch das PharmaLedger, eben aus dem Bereich Pharma, die schon eine Weile kollaborieren. Berühmte Teilnehmer wie Novartis und Roche, manchmal fühlt es sich mehr wie so eine Forschungsunternehmung an, die forschen tatsächlich in Richtung, was sind denn wertvolle Use Cases, die man innerhalb eines solchen Konsortiums denn dann auch umsetzen kann. Dabei kommen sie bestimmt auch in Situationen, wo sie gute Use Cases finden, die dann aber trotzdem noch nicht umsetzen. Das liegt aber eher so am grundsätzlichen Problem des Konsortiums. Man muss verstehen, dass es schon so ist, dass sich konkurrierende Unternehmen da an einen Tisch setzen, um dann zu überlegen: Was machen wir denn zusammen? Und auch, wenn der Außenstehende meinen könnte, es gibt Mehrwerte, aber dann ist doch eher der Konkurrenzgedanke stärker am Ende. #00:14:19.8#

 

Roland Schäffer: Und was ist denn so, jetzt für mich als kompletten Blockchain-Laien, wo steht denn diese Technologie überhaupt, wenn man das so auf einer Gradwanderung von Entwicklungen bis in eine Reife-Phase, bis zu einer vielleicht schon etablierten vollständigen Technologie betrachtet? Diesen Grad, wo siehst du das? Ist das überhaupt fluide oder ist das schon fester Status, den du da festmachen kannst? #00:14:41.2#

 

Andreas Göbel: Grundsätzlich ist immer Bewegung drin, und es kommt auch immer auf den Anwendungsfall an. Also nehmen wir den Anwendungsfall Kryptowährung, dann haben wir natürlich funktionierende Technologie, die auch etabliert wurde schon. Die hat allerdings natürlich auch vehemente Nachteile, nicht zuletzt von diesen öffentlichen Blockchains rührt ja auch der etwas schlechte Ruf der Technologie, ein Energiefresser zu sein und man braucht dafür jede Menge Strom und für das Mining und so weiter. Das ist tatsächlich nicht von der Hand zu weisen bei diesen öffentlichen Kryptowährungs-Blockchains. Also würde ich sagen, sind wir da eigentlich nur bei 50 %, obwohl es schon funktioniert, weil es einfach langfristig nicht tragbar ist. Auf der anderen Seite, wenn wir uns Technologien angucken für den Enterprise-Betrieb, für Konsortium-Blockchains, dann ist Technologie vorhanden. Da hapert’s meistens nur noch am Konsortium, an der Governance, wie setzt man sich zusammen, was sind die Regeln dieser Netzwerke. Aber die Technologie dafür ist da. Wo es dann wieder aufhört, ist, wenn es um die Vertrauenswürdigkeit der Daten geht, die einem nicht gehören. Da muss man wieder in weitere Technologie-Stacks reinblicken, da sollte man noch mehr in Richtung Confidential Computing blicken, einfach um diesen Vertrauensaspekt dieser Technologie so weit wie möglich nutzen zu können. Dieser Vertrauensaspekt, das ist eigentlich auch der größte Vorteil, den wir sehen in den Enterprise-Anwendungen. Denn tatsächlich kann man Lösungen bauen, die man früher nicht bauen konnte, weil ich zum einen die Daten nicht hatte und wenn ich sie hatte, wusste ich nicht, ob sie stimmen. Und das kann man inzwischen gut lösen. #00:16:17.8#

 

Benjamin Krebs: Also wirklich eine gute Geschichte, dass man eine neue Komponente reinbringt, die vorher so nicht lösbar waren mit dem Vertrauen. Du hast ein paar Beispiele so kurz angerissen, aus deiner Sicht, welche Branchen und welche Anwendungsbereiche innerhalb von Unternehmen sind die, wo es heute schon am meisten angewendet wird? Einfach ein paar Stichpunkte. #00:16:40.7#

 

Andreas Göbel: Branchen würde ich sagen, ich sehe Konsumgüter, Pharma, durchaus auch Telekommunikation. Da spreche ich natürlich auch wieder aus der Erfahrung der Projekte, die wir mit Kunden zusammen gemacht haben. #00:16:58.9#

 

Benjamin Krebs: Klar! #00:16:58.4#

 

Roland Schäffer: Sicher! #00:17:00.5#

 

Andreas Göbel: Auch das Projekt mit der Deutschen Telekom hier hervorzuheben, damals mit SAP vor zwei Jahren die sogenannte globale IMEI Ablage. Ist eigentlich ein geniales System, um damit dem globalen Handy-Diebstahl an den Kragen zu gehen. Technologisch kein Problem. Das Ganze hing und hängt auch heute noch am Bilden des Konsortiums. An dieser Stelle war auch der Konsortiums-Gedanke noch nicht anwendbar auf diese Gruppe konkurrierender Unternehmen. Weiterhin natürlich alles, was mit Tack and Trace zu tun hat. Wir sehen auch natürlich in Pharma und Healthcare sehr starke Anwendungsfälle, die zum einen aufgrund der sich gerade bildenden Konsortien noch im Anfangsstadium stehen der Anwendbarkeit. Zum anderen haben wir selber aber auch ganz relativ banale Anwendungsfälle in der Pharma realisiert. Da kann man natürlich den unveränderlichen Audit Trail von klinischen Studien personalisierter Medizin erwähnen. Das ist so gesehen deswegen ein Low Hanging Apple, weil in der Literatur eigentlich schon seit länger als zehn Jahren Blockchains erwähnt werden als unveränderliche Ablage für Dinge wie auditierbare Audit Trails. Das ist also relativ verwunderlich, dass es nicht schon mehr Blockchains gibt, mit denen das realisiert wird. Das ist auch ein ganz anderer Aspekt, wenn man guckt in die Art und Weise, wie Services erbracht werden im Pharmabereich. Da gibt es auch relativ wenig in der Cloud, unter anderem wegen dieses Vertrauensproblems in die Audit Trails. Und über einen Blockchain-Ansatz kann man natürlich … #00:18:50.3#

 

Benjamin Krebs: Woran liegt‘s dann? #00:18:51.4#

 

Andreas Göbel: Woran liegt was? #00:18:53.3#

 

Benjamin Krebs: Woran liegt‘s dann, dass noch nicht mehr gemacht wird? Entschuldigung! Also weil du sagtest gerade, es ist verwunderlich, dass es nicht noch mehr genutzt wird. Woran liegt‘s, dass es nicht genutzt wird? #00:19:02.4#

 

Andreas Göbel: Das ist ein guter Punkt. Also ich war selbst erstaunt, dass es davon nicht mehr gibt, dass wir auch die ersten waren, die in der personalisierten Medizin wirklich so einen Blockchain-Ansatz umgesetzt hatten. Der Punkt ist, dass Blockchains und sagen wir mal Low Level verkettete Listen, die auf ähnliche Arten und Weisen hergestellt werden, oft gleichgesetzt werden. Aber erst in dem Moment, wo ich das Ganze auch wirklich verteile über mehrere Teilnehmer hinweg, habe ich natürlich das Vertrauen in diesen Datenbestand. Ansonsten könnte ich ja den kompletten Datenbestand einfach austauschen. #00:19:41.0#

 

Benjamin Krebs: Ist das der Punkt mit den Konsortien, die du ansprichst? Weil die sind jetzt ein paar Mal erwähnt worden. Also ist das eine Grundlage dafür, dass man funktionierende Anwendungsfälle mit Blockchain umsetzen kann, dass man ein Konsortium hat, also einen Zusammenschluss eben aus mehreren Teilnehmern, die sich wirklich dazu committen, diese Technologie dann auch nutzen zu wollen? #00:20:02.9#

 

Andreas Göbel: In den meisten Fällen ja, lustigerweise gerade beim Audit Trail eher nicht. Also wenn ich mir so ein Setup anschaue aus Pharmaunternehmen, dann Cloud-Dienstleister und gegebenenfalls noch Hosting-Provider, ist das so ein Dreigestirn, was im Regelfall existiert, das Zugriff auf so ein System hat. Und wie will ich jetzt diese Vertrauenskette aufrechterhalten vom Kunden oder vielleicht sogar vom Patienten ausgehend, dann über die Pharmaunternehmung hin zum Dienstleister und hin zu dessen Dienstleister? Das geht natürlich mit so einem kleinen Blockchain-Netzwerk ganz gut, trotzdem ist jetzt dann dieses Viergestirn, Dreigestirn, nicht wirklich ein Konsortium. Das ist einfach ein verteilter Audit Trail an der Stelle. Und der einzige Nachteil für die Pharma ist eben, dass trotzdem noch eine kleine Komponente On-Premises betrieben werden sollte, muss nicht unbedingt On-Premises, aber auf jeden Fall in einer anderen Cloud, um eben dieses Vertrauenskonzept herzustellen. #00:20:56.9#

 

Benjamin Krebs: Dann trotzdem noch mal auf meine Frage von vorhin dann hin: Woran liegt‘s dann, dass es nicht noch mehr Verbreitung findet, wenn es doch scheinbar eigentlich einfach umzusetzen wäre? Oder es klingt zumindest so. #00:21:11.5#

 

Andreas Göbel: Das ist natürlich, zum einen hat das auch so ein bisschen mit der Außenwirkung der Technologie zu tun. Also wir haben sehr viele Beratungsgespräche auch mit großen Kunden geführt im Pharma-Umfeld, und da ist, obwohl man ja immer sagt, das ist die Technologie, die Vertrauen schafft, ist erst mal der Foundation dieser Technologie gegenüber kein Vertrauen da. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist es natürlich diese relativ schlechte Reputation der Kryptowährungen, die immer noch durchschlägt. Auch wenn wir seit Jahren evangelisieren, dass Kryptowährungs-Blockchains kaum mehr was mit Enterprise-Blockchains zu tun haben, ist das immer noch merklich. Zum zweiten ist das auch das Paradoxon, dass einfach diese öffentlichen Blockchains als Energiefresser bekannt sind, diese Business-Blockchains eher nicht. Und noch ein Paradoxon: Gerade in den Kryptowährungen schwelgen viele natürlich von einem raschen Return on Invest. Da denkt der Enterprise-Kunde dann auch dran. Das ist aber tatsächlich da überhaupt nicht der Fall? Also wenn, dann haben wir da Long Return on Invest. Und das setzt meistens noch einen langen Atem voraus, weil man erst mal ein Konsortium gründen muss. #00:22:29.8#

 

Benjamin Krebs: Verstehe! #00:22:30.0#

 

Andreas Göbel: Das würde ich sagen, sind so die Hauptgründe, warum man da häufig vor zurückschreckt. #00:22:34.0#

 

Roland Schäffer: Das ist auf jeden Fall verständlich, dass diese Konsortien … Ich muss tatsächlich sagen, ich denke immer an den berühmten Roman von Michael Ende „Momo und die grauen Herren“, wenn ich das Wort jetzt Konsortium so oft gehört habe. Aber da will ich dir ein Zitat geben, und ich wüsste gerne dann, was du darauf denkst. Und zwar hat Robert Greifeld, das ist der CEO des NASDAQ Konzerns OMX Group, einem der größten internationalen Börsenbetreiber, meinte: „Blockchain ist die größte Chance, die wir uns für das nächste Jahrzehnt vorstellen können.“ Siehst du das auch so? Ist es die größte Chance oder ist es auch sehr viel Hype, der da mit reinspielt? #00:23:09.9#

 

Andreas Göbel: Es ist eine große Chance. Allerdings nicht in der Art und Weise, wie man als Endbenutzer meinen könnte. Jetzt hast du gesagt, das ist auch ein Vorstand, der etwas mit der Finanzindustrie zu tun hat. #00:23:30.1#

 

Roland Schäffer: Genau! #00:23:30.3#

 

Andreas Göbel: Und deswegen geht es eigentlich auch schon wieder vom Dafürhalten in Richtung der Kryptowährungen. Ob das die Chance sein wird, bezweifle ich tatsächlich. Wir haben gesehen: Bitcoin hat es geschafft, das Problem dieses Bankenmittelsmann zu lösen. Es geht ohne diesen Mittelsmann, aber eben nur in der Kryptowährung. Die Banken wurden jetzt nicht ersetzt dadurch. Es ist eine Parallelwelt entstanden, es wird hauptsächlich zur Spekulation benutzt. Ja. Davon ausgehend ist das nicht die Chance meines Erachtens. Die Chance ist tatsächlich die Möglichkeit, Systeme und Anwendungen zu realisieren, die Daten verarbeiten können und gleichzeitig diese Daten schützen können. Also ich habe dieses vertrauenswürdige Element, was ich häufig in heutigen Systemen nicht habe, weil sie zentral betrieben werden oder weil ich einen sehr teuren oder datenhungrigen Mittelsmann brauche. Das ist der größte Vorteil. Und tatsächlich glaube ich auch, dass in zehn Jahren die meisten Leute Blockchains irgendwo unter der Haube benutzen. Nicht direkt, nicht unbedingt für einen selbstgenutzten Service, aber mit Sicherheit in Businessprozessen unter der Haube wird jeder früher oder später eine oder mehrere Blockchains verwenden. #00:24:52.0#

 

Benjamin Krebs: Super! Vielen Dank dafür, Andreas! Das bringt mich auch zu meinem nächsten Bereich, den ich gerne mit dir ein bisschen beleuchten möchte, und zwar die neuen Geschäftsmodelle, die Chancen, haben wir jetzt gerade schon drüber gesprochen, die durch Blockchain überhaupt erst möglich werden. Ein großes Merkmal ist die Nutzung dezentraler Netzwerke. Das hast du uns vorhin in der Einführung ja auch dargelegt. Des Weiteren ist das Thema absolute Transparenz, gesicherte Authentizität und Unveränderbarkeit von Transaktionen beziehungsweise Daten. Das waren die Hauptmerkmale, die du genannt hast, die hinter Blockchain liegen. Meine Frage ist jetzt: Welche Chancen für neue Geschäftsmodelle liegen dahinter? Und vielleicht noch eine kurze Anmerkung: Eines der bekannten Unternehmensberatungshäuser hat gesagt: „Der Effekt könnte vergleichbar immens sein wie die Einführung der doppelten Buchführung vor über 500 Jahren.“ Also wirklich ein großer Gedanke, der dahinterliegt. Deswegen lass uns teilhaben, was gibt’s da für neue Chancen und Geschäftsmodelle? #00:25:59.4#

 

Andreas Göbel: Vielleicht gehe ich erst mal auf den großen Gedanken ein, bevor ich dann durch meine gedankliche Matrix an Geschäftsmodell-Möglichkeiten laufe. Dieser große Gedanke ist tatsächlich auch valide. Wir haben selbst schon Szenarien implementiert, die heute entweder sehr lang dauern oder damit zu tun haben, dass man geistiges Eigentum mit Kontrolleuren teilen muss. Und das ist ein Ansatz, der gefällt natürlich vielen nicht, der birgt seine Gefahren, der ist sehr langsam. Spätestens wenn das bei Konsumgütern oder bei Nahrungsmitteln passiert, sind die Prozesse dann dermaßen langsam, dass das auch einen negativen Impact auf die Menschheit insgesamt hat. Wenn wir daran denken, wenn regulierte Komponenten in Konsumgütern kontrolliert werden und es gibt eine Veränderung im Regularium, es gibt neue Erkenntnisse, welche Stoffe könnten denn krebserregend sein, und damit man diese Stoffe aus Produkten und aus den Supply Chains bekommt, dann müssen mehrere Jahre ins Land gehen, weil einfach die Supply Chains so träge sind aufgrund dieses Interessenskonflikts des geistigen Eigentums, der Rezepte und eben der Regulierung, dass das sehr langsam ist. Und mit Ansätzen mit Blockchain und Confidential Computing kann das natürlich beschleunigt werden. Ich brauche nicht mehr Jahre, sondern Tage. Und das ist natürlich etwas, was einen sehr großen Impact auf unser tägliches Leben haben sollte, auch im positiven Sinne. Jetzt allgemein zu Geschäftsmodellen. Tatsächlich war auch unsere Hauptmotivation im Unternehmen, als wir uns die Technologie angeschaut haben, zu sehen, was kann man damit machen? Erst mal haben wir bemerkt, Mensch, ich kann damit gewisse Dinge, gewisse Business-Modelle besser gestalten und existierende Use Cases besser lösen. Track and Trace Lösung, damit ich auch Ablagen habe, in die man wirklich vertrauen kann und nicht der Besitzer dieser Datenbank alles modifizieren könnte. Das war das eine. Zum anderen war aber auch schon immer das Ansinnen, Probleme zu finden, die bislang nicht lösbar waren oder nur sehr schwer lösbar waren. Und eins habe ich schon grad zitiert, eben diese Regulierungsszenarien bei Konsumgütern und Nahrungsmitteln. Jetzt kann man weiter clustern, teilweise sind das existierende Geschäftsmodelle einfach mit einem anderen Content, teilweise ist es etwas, was dann schon so einen neueren Charakter bekommt. Also das eine ist tatsächlich die Blockchain für die Verwendung von Datenintegrität und Integration. Man benutzt die Blockchain da als standardisierte, unveränderliche Datenbank, verteilt über Parteien einer Wertschöpfungskette. Das ist also das Supply Chain Thema. Und ein Szenario habe ich davon schon zitiert, das ist eben dieser unveränderliche Audit Trail in Cloud-Szenarien. Wir nutzen das in Pharma, das kann man tatsächlich auch in anderen Branchen sehen. Und grundsätzlich ist da noch ein anderer Use Case zuhause, der ist sehr wertvoll. Eben den, den ich vorhin schon mal ganz kurz angesprochen hatte. Da geht’s um die Herstellung personalisierter Krebsmedizin. Denn wenn wir uns diese Herstellprozesse und die komplizierte Supply Chain ansehen, man muss sich vorstellen, erst mal, der Rohstoff wird dem Patienten entnommen, es wird eine Apherese durchgeführt, Blut entnommen, das Ganze dann sehr kompliziert und gekühlt transportiert zur Produktionsstätte. Dort wird produziert, mit genetischen Mitteln quasi modifiziert, sodass diese sogenannten T-Zellen in diesem Falle dann den Krebs bekämpfen können, wenn das daraus hergestellte Medikament dann dem Patienten wieder injiziert wird. Auch wieder nach einer stark Kühlketten-lastigen und komplizierten Logistik zurück zum Therapiezentrum. Und man sieht schon, da sind sehr viele Parteien involviert. Es gibt Krankenhäuser, es gibt Ärzte, es gibt Logistikdienstleister, es gibt Labore dazwischen. Dann gibt es Hersteller, die Hersteller können entweder der Pharma selbst zugeordnet sein, das können Dienstleister sein. Und trotzdem muss man natürlich diese sogenannte Chain of Identity und Custody aufrechterhalten, also die lückenlose Dokumentation der Qualität dieses Produktes. Und ich muss natürlich auch unbedingt dieses personalisierte Medikament wieder zu dem Patienten zurückbekommen, wo der Rohstoff herkam. Ansonsten geht das alles schief. #00:30:49.2#

 

Roland Schäffer: Klar! #00:30:49.4#

 

Andreas Göbel: Das ist ein klassischer Anwendungsfall für Blockchain-Netzwerke, da tatsächlich auch Daten involviert sind, die all diese Parteien nicht unbedingt mit jedem teilen möchten. Die haben also auch ein Interesse daran, wirtschaftliches Interesse, dass diese Daten nicht missbraucht werden können. Zum Beispiel von der Konkurrenz, wenn ich jetzt meinen kompletten Terminplan da einstellen müsste, um das orchestrieren zu lassen. Das ist auch etwas, das kann man natürlich auch mit einer Cloud-Lösung lösen. Aber das etabliert natürlich wieder den Mittelsmann dieses Service-Dienstleisters in der Cloud und birgt seine Gefahren. Aber das ist so ein klassischer Anwendungsfall dieser Kategorien. #00:31:33.6#

 

Roland Schäffer: Andreas, darf ich kurz einhaken? Und zwar, wir haben jetzt über verschiedene Themen gesprochen, und ein Vorteil, den du gesagt hast, ist auf jeden Fall diese lückenlose Nachverfolgung. Und gleichzeitig spricht man ja von einer gewissen Transparenz, aber auch gleichzeitig der Sicherheit der Daten und einer gewissen Anonymität. Wie geht das Hand in Hand? Ist das ein Paradoxon für mich als Laie, oder wie muss ich mir das vorstellen? #00:31:55.3#

 

Andreas Göbel: Anonymität gibt es in der Business-Blockchain nicht. Die gibt es übrigens auch in der öffentlichen Kryptowährungs-Blockchain nicht. #00:32:04.5#

 

Roland Schäffer: Oh! #00:32:04.8#

 

Andreas Göbel: Die Anonymität dort findet eigentlich nur statt aufgrund der Masse der Transaktionen. Das ist quasi der Fisch im Fischschwarm, den man immer so schön zitiert. Aber dennoch sind die Transaktionen alle eindeutig identifiziert und mit einem Konto in Verbindung zu bringen. Also diese vielzitierte Anonymität, die ist auflösbar sozusagen. #00:32:27.1#

 

Roland Schäffer: Okay! Spannend! #00:32:27.8#

 

Andreas Göbel: Von daher, und eben im Business-Umfeld eh nicht vorhanden, weil alle eindeutig authentifiziert sind. Transparenz, da kommt‘s drauf an, wie die Business-Blockchain implementiert ist. In der Kryptowährungs-Blockchain habe ich Transparenz natürlich, es ist ja alles unverschlüsselt. Tatsächlich stehen in dieser Bitcoin Blockchain alle Transaktionen seither drin. Und sollte ich diese Anonymität aufgrund von Masse auflösen können, dann habe ich alles dastehen, unveränderlich dokumentiert. #00:33:00.8#

 

Roland Schäffer: Wie wahrscheinlich ist das? Eine blöde Frage, aber wie wahrscheinlich ist das, dass das jemand auflösen kann? #00:33:06.2#

 

Andreas Göbel: Aufgrund der Masse dieser Daten geht das natürlich inzwischen in Richtung, wie viele Daten kann ich denn prozessieren? Das hat auch mit Rechenleistung zu tun. Und dann stehe ich natürlich irgendwann vor Kontenadressen, die nicht mehr verwendet werden. Da hört diese Auflösung auf. Also es ist relativ unwahrscheinlich, dass jemand, der vor fünf Jahren irgendeine Transaktion da drin gemacht hat, jetzt aufgespürt wird. Klar! Ab einem gewissen Punkt ist natürlich der Behörde mit Sicherheit aufgefallen, dass man mal gucken sollte, wer über die Exchanges da wann was einzahlt. Und ab diesem Zeitpunkt kann ich natürlich alles nachvollziehen, ist ja alles dokumentiert. Es ist im Übrigen dann auch der Grund, warum man für einen Exchange dann auch sich immer eindeutig authentifizieren musste seither. Also das ist die Art und Weise, wie man angefangen hat, da etwas zu kontrollieren und regulieren. Die Transparenz, wie gesagt, die hat man, wenn man sie braucht, in der Business-Blockchain auch. Meistens will man sie nicht zu diesem Maße, weil die meisten Daten, die da verwendet werden in Businessprozessen, sollen ja nicht für alle Teilnehmer des Netzwerks sichtbar sein. Und dann muss ich schon wieder zusätzliche Maßnahmen ergreifen, die jetzt diese Standard-, damals von Satoshi Nakamoto erfundene, Blockchain nicht hatte. Also asymmetrische Verschlüsselungskonzepte, doch wieder Confidential Computing, Zero-Knowledge-Proofs, all das kommt natürlich on top dieses Stacks, wenn ich gewisse Anforderungen an die Vertrauenswürdigkeit und an den Datenschutz der verwendeten Daten habe. #00:34:38.7#

 

Roland Schäffer: Also danke dir auf jeden Fall. #00:34:42.0#

 

Benjamin Krebs: Danke auch für die Frage, Roland. Ich hätte einen Kombinationsvorschlag, Andreas. #00:34:50.0#

 

Andreas Göbel: Ja? #00:34:51.0#

 

Benjamin Krebs: Und da interessiert mich mal deine Meinung dazu. Und zwar haben wir auch schon häufiger in unserem Podcast über die Technologien rund um Artificial Intelligence, Künstliche Intelligenz und natürlich auch das Thema Internet of Things, also IoT, sprich, vernetzte Geräte oder Produkte gesprochen. Und jetzt sind IoT-Geräte per se schon mal dezentral, und das klingt für mich zunächst mal so, als ob das ganz gut zusammenpassen könnte. Aber die Frage an dich eben auch, a) passt das zusammen, und b) welche Vorteile würden sich denn aus so einer Kombination ergeben können? #00:35:32.4#

 

Andreas Göbel: IoT und Blockchain, das passt absolut zusammen. Und viele der zitierten Anwendungsfälle, die funktionieren auch schon mit IoT. Denn für gewisse Supply Chain und Traceability Szenarien brauche ich natürlich Daten aus der echten Welt. Also auch, wenn es um Kühlketten geht, Sensorik, wenn es darum geht, was ist denn mit einem Nahrungsmittel geschehen, bevor es in den Handel kam? In Richtung, auch grad ein fortlaufendes Projekt, Food Fortification in Dritte-Welt-Ländern, absolut richtig, dass wir da IoT Devices brauchen und auch teilweise schon verwenden. Aber viel wichtiger als die reinen IoT Devices, die es ja auch schon eine Weile gibt, ist eigentlich: Was muss ich denn noch tun, damit die Daten, die diese Devices liefern, in einem Blockchain-Kontext wertsteigernd verwendet werden können? Und zwar nicht Wert im Sinne von monetär, sondern Wert im Sinne von vertrauenswürdig. Denn würde ich einfach nur ein Device jetzt anschließen und irgendwie diese Daten in die Blockchain bringen, würde ich als erstes Mal die Frage stellen: Wo ist denn die Garantie, dass nicht irgendwo in der Mitte einer vielleicht diese Daten manipuliert, weil er motiviert ist dazu? Das kann natürlich in verschiedenen Use Cases, verschiedene Rollen sein, die Zugriff aufs Netzwerk haben. Wenn diese Manipulation ausgeschlossen werden kann, wie kann ich denn sicherstellen, dass das wirklich die Device ist, die ich dort vermute, die dort Daten liefert? Aber gerade diese Trust Level Modelle, die wir momentan betrachten, ansehen, dann ist es so, man nennt es ja auch Edge, das ist also die Kante der Welt sozusagen, der digitalen Welt. Und dass dort eigentlich das Vertrauenslevel in die Daten am geringsten ist. Und deswegen muss ich zusätzliche Maßnahmen ergreifen, es gibt verschiedene Maßnahmen dazu, um dieses Vertrauenslevel der IoT Daten so hoch wie möglich zu halten. Denn wie vorhin schon erwähnt, wenn in der unveränderlichen Ablage nur noch Mist steht, dann wird da für immer Mist stehen. #00:37:38.2#

 

Benjamin Krebs: Das klingt sehr nachvollziehbar. Von daher finde ich interessant, dass du sagst, dass man den Datenwert steigert, indem man die Vertrauenswürdigkeit steigert. Das ist ganz spannend. Wir haben auch schon in mehreren Folgen über eben Daten als Teil des digitalen Geschäftsmodells und natürlich auch als Wertgrundlage gesprochen. Wir haben eben auch über die Anwendung von Künstlicher Intelligenz und mit großen Mengen von Daten umzugehen gesprochen. Und was du jetzt sagst, dass wir über die Kombination mit Blockchain dann eigentlich diesen Wert der Daten, die wir da für ein digitales Geschäftsmodell und vielleicht auch eben für Berechnungen und Rückschlüsse von der Anwendung der Künstlichen Intelligenz dafür nehmen, um wirklich diesen Wert zu steigern, weil die Blockchain diese Vertrauenswürdigkeit dann als Komponente mit reinbringt. #00:38:30.2#

 

Andreas Göbel: Ganz genau! Also die Datenanalyse, wenn man sich ein Szenario ansieht, schaut immer erst mal drauf, was sind denn meine Anforderungen in Bezug auf Vertrauenswürdigkeit an die Daten? Wie wichtig ist es mir, dass ich genau weiß, von wem kommen denn die Daten? Wie wichtig ist es mir, dass ich auch genau weiß, dass die von meinem Gegenüber kommen und unterwegs nicht modifiziert oder eingesehen werden können? Und ganz wichtig zum Schluss, und das ist der neueste Aspekt, der durch diese Blockchain-Technologie auch reinkommt, wie wichtig ist es mir denn, dass ich so weit wie möglich ausschließen kann, dass mein Gegenüber lügt? Und das ist so die neueste Komponente, die dann eben auch zu noch mehr Vertrauen führt in Blockchain-Netzwerken zum Beispiel verglichen mit dem reinen Internet. #00:39:12.9#

 

Benjamin Krebs: The next level ist dann, wenn wir das auch noch schaffen, in der persönlichen Interaktion hinzukriegen. Aber das war jetzt von meiner Seite nur ein kleiner Spaß. Aber wirklich, also klingt nach einer Top-Kombination dieser Technologiefelder und nach einem, wo quasi 1 + 1 dann 3 ergibt. Also, dass man wirklich noch mal einen gesteigerten Wert aus diesen Technologien ziehen kann. In dem Zusammenhang auch die Frage nach dem Thema Blockchain und privaten Daten, die wir vorhin schon mal ein bisschen beleuchtet haben. Du hast klar dargestellt, es gibt keine Anonymität. Ich glaube, das war wichtig, dass wir das noch mal herausgestellt haben. Auch nichtsdestotrotz soll auch die Sicherheit der Transaktionen zwischen durchaus auch Privatleuten gewährleistet werden. Und man braucht eine Lösung, wie man vertrauensvoll auch mit dem Thema Blockchain umgehen kann. Weil wie du auch dargelegt hast, durch die Verwendung der Blockchain-Technologie, das Vertrauen wird gesteigert, weil ich weiß, woher kommen denn eigentlich die Daten und sind sie wirklich nicht verändert worden. In dem Zusammenhang hast du das Thema Confidential Computing genannt. Du hast außerdem gesagt, dass eine Trusted Computing Appliance gibt. Das ist ja nun eine Zusammenarbeit aus der Camelot ITLab zusammen mit Dell Technologies und Intel. Kannst du uns mal darstellen, wie diese Appliance Confidential Computing ermöglicht und was dann da genau dahintersteckt, damit wir genau diesen Aspekt, nämlich der Privatsphäre, dort noch mal besser adressieren können? #00:40:55.4#

 

Andreas Göbel: Ja gerne. Grundsätzlich muss man sagen, dass das Confidential Computing Thema uns schon eine Weile begleitet. Es gab die Phase, in der mit Kunden sehr viele POCs gemacht wurden, wo man sehr viel erprobt hat. Und relativ schnell hatten wir festgestellt, dass viele Unternehmen zwar während des POCs sagen, ja, das funktioniert, die Daten können wir alle auf diese Blockchain stellen, spätestens wenn es dann aber zum Schluss eben um diesen Reality Check auch ging, kann man sowas produktisieren, ist dann doch immer aufgefallen: Oh nein! Also da sind jetzt aber Datenpunkte drin, die würden wir ungern in ein dezentrales Persistenz-Netzwerk legen. Das kann unterschiedliche Gründe haben, zum einen die vielzitierte Intellectual Property, also geistiges Eigentum. Das kann auch gesetzliche Gründe haben, man natürlich keine personenbezogenen Daten auf eine unveränderliche Datenbank schreiben. Denn das Recht, vergessen zu werden, wäre damit schon nicht mehr zu erfüllen. Und es gibt noch weitere Gründe, warum gegebenenfalls Daten nicht wirklich auf dem Netzwerk landen sollten. Nun gibt’s da verschiedene Herangehensweisen, wie man das natürlich anders regeln kann. Man muss die Daten auch nicht unbedingt da drauflegen. Jedoch wenn wir diese Daten auch vertrauenswürdig verarbeiten wollen, was im Regelfall über Smart Contracts passiert, dann muss ich natürlich die Daten auf die Blockchain legen, dort leben auch die Smart Contracts. Und wenn ich dort dann keinen ausreichenden Schutz erreichen kann, und manchmal ist sogar eine starke Verschlüsselung nicht ausreichend, wenn das Unternehmen quasi nur existiert aufgrund dieses Intellectual Propertys, was es dann plötzlich in ein verteiltes Netzwerk legt, dann hat das so starke Angst um seinen Entschlüsselungsschlüssel, dass er es dann doch lieber überhaupt nicht dahinlegt. Also das ist der Hintergrund. Und so sind wir auf Ideen gekommen, wie können wir denn Blockchain-Netzwerke erweitern um Möglichkeiten, Daten verarbeiten zu können, ohne dass diese der Blockchain preisgegeben werden müssen? Am besten, wenn diese Daten in den vier Wänden des Besitzers bleiben. Und das war der Startschuss dann auch für die Kooperation mit Dell und Intel, als wir dann auf die Confidential Computing Möglichkeiten in den Intel Prozessoren gestoßen sind. Also SGX Software Guard Extension nennt sich das Konzept. Und das ist quasi eine in den Prozessor eingearbeitete Möglichkeit, dass sämtliche Daten, die im Speicher gehalten werden, im Prozessor gehalten werden und als auch die Programmlogik und das Executable und der Prozess selbst dauerhaft verschlüsselt sind auch während der Ausführung. Und somit wurde quasi realisiert, dass wir zusätzlich zu dieser Encryption Adressed und Encryption in Transit, was es ja schon sehr lange gibt über SSL und Verschlüsselungsmechanismen in der Datenbank, eben auch diese Encryption During Processing gibt. Und jetzt war unsere Annahme: Wenn wir das vertrauenswürdig verbinden können mit einem Blockchain-Netzwerk, dann können wir etwas realisieren wie Off-Chain Smart Contracts, also quasi vertrauenswürdige Abläufe, die, obwohl sie nicht auf der Blockchain liegen, auch vertrauenswürdig sind und dann eben diese Daten verarbeiten können. Da gehören noch so ein paar Kniffe dazu, wie man denn wirklich dann auch noch den Daten vertrauen kann, das ist so ein Annäherungsansatz. Aber grundsätzlich ist das etwas, das kann man so machen, das könnte man auch über andere Mechanismen machen wie die Zero-Knowledge-Proofs, die das Gleiche erreichen, allerdings über reine Kryptografie, an der Stelle dann eben nichts wirklich skalieren heute, wenn es um die Verarbeitung von Massendaten geht. Das wird dann immer schwieriger, große Datenbestände damit zu verarbeiten. Deswegen war die Wahl Intel SGX und Dell an der Stelle für die Implementierung im Server. #00:45:06.7#

 

Benjamin Krebs: Super! Wie genau kann ich mir Felder vorstellen, bei denen ich das dann anwenden kann? Also vielleicht hast du da das eine oder andere Projekt? #00:45:17.1#

 

Andreas Göbel: Ein Projekt habe ich schon zitiert tatsächlich zuvor. Da ging es um Konsumgüter und eben um die Regulierung, regulierte Komponenten in der Rezeptur eines Produkts. Am Beispiel von, ich erkläre es immer am Beispiel von Cornflakes, einem Cornflakes Hersteller, der stellt seine XY Nuts zur Verfügung. Und diese Produkte sind auch reguliert, das sind im Grunde genommen die Komponenten, die wir auf der Packung lesen. Es gibt ja immer diese Nutritions und Bestandteile, die draufstehen. Und die meisten davon müssen da draufstehen, weil es eben Substanzen sind, die reguliert sind. Da gehört sowas dazu wie Zucker, Fett, Allergene, was auch immer wichtig ist für einen geneigten Leser, der sich dafür interessiert, ob er jetzt gleich einen allergischen Schock bekommt oder nicht. Und wo kommen all diese Informationen her? Die kommen ja nicht nur vom Cornflakes Hersteller, sondern grundsätzlich können die aus der kompletten Supply Chain kommen, nämlich von seinen Zulieferern, die gewisse Bestandteile liefern. Und wo sind die niedergeschrieben? Tatsächlich im geistigen Eigentum dieser Zulieferer, nämlich im Rezept. Und das ist genau dieser manuelle Prozess, der gelebt wird. Diese Zulieferer, die legen Teile ihres geistigen Eigentums offen, manchmal auch das Ganze, wenn es jetzt darum geht, irgendwelche Durchschnittsmengen zu errechnen, und es gibt da wildeste Regularien. Es sind häufig manuelle Verschwiegenheitserklärungsprozesse involviert, und deswegen dauert das relativ lange. Also wenn es heute zu einer Änderung im Regularium kommt und der Cornflakes Hersteller guckt auf seinen Hof, jetzt ist plötzlich Sellerie reguliert, und der Hersteller hat keine Ahnung, ob diese 500 Tonnen Cornflakes das enthalten oder nicht, dann rennt der erst mal los und fragt seine Zulieferer per Telefon und E-Mail: Ist das da drin? Dann fragen die wieder ihre Zulieferer und Fax und manuelle Prozesse gehen weiter. Und bei einer großen Supply Chain können diese Information Round Trips bis zu zwei Monate dauern. Und das ist natürlich ein großes Risiko, zum einen auch für Gesundheit der Konsumenten, und zum anderen eben auch ein finanzielles Risiko für den Hersteller. Und wenn wir das Ganze realisieren mit einem Blockchain-Netzwerk und diesen Trusted Computing Appliances, die eben zum einen das Intellectual Property komplett schützen, weil das überhaupt gar nicht die vier Wände des Zulieferers verlassen muss, aber zum anderen diese vertrauenswürdig verarbeiten können, nämlich genau in dieser Blackbox, die dann betrieben wird bei diesem Zulieferer, dann können wir sowas in wenigen Stunden machen. Das ist also der vorhin zitierte Fall. #00:48:04.4#

 

Benjamin Krebs: Sehr gut! Damit haben wir einen guten Anwendungsfall gefunden oder einen interessanten Anwendungsfall. Du hast vorhin einen wichtigen Punkt angesprochen. Zum einen das Recht auf Vergessenwerden, zum anderen auch die Konformität mit der Datenschutz-Grundverordnung in Deutschland und DSGVO. Und da wäre jetzt meine anschließende Frage: Ist dieses Thema gelöst mit der Trusted Computing Appliance? Und wenn ja, wie? #00:48:33.8#

 

Andreas Göbel: Das kann man natürlich auch schon ohne Trusted Computing Appliance lösen, indem ich einfach keine personenbezogenen Daten auf der Blockchain speichere. Wenn ich natürlich Anforderungen habe, die personenbezogenen Daten in irgendeiner Art und Weise im Kontext des Blockchain-Netzwerkes verarbeiten zu müssen, dann wäre das Confidential Computing eine geeignete Maßnahme, um das Problem zu lösen. #00:48:59.2#

 

Benjamin Krebs: Gut! Ein weiterer Punkt, der mich interessiert, ist das Thema reines Service-Modell für Blockchain. Gibt es aus deiner Sicht dafür valide Angebote und natürlich auch Anwendungsfälle, wo dieser Bedarf herrscht? #00:49:15.6#

 

Andreas Göbel: Als reines Service-Modell könnte man tatsächlich sehen, dass man eben die Infrastruktur an sich bereitstellt. Was ja auch die SAP schon betrieben hat, nämlich Blockchain as a Service in der SAP Cloud Plattform. Haben wir auch rege genutzt. Das ist natürlich ein bestehendes Business-Modell mit neuem Content. Das ist ja nur eine weitere Art von Infrastruktur, die ich quasi über ein Service-Modell über eine Cloud zur Verfügung stelle. Ansonsten gibt es natürlich noch weitere Services, die jetzt im Dunstkreis von Blockchains auftreten können. Zum einen natürlich alles um diese Kryptowährungen herum. Also wenn ich jetzt dann US-Dollar oder Euro in Bitcoin tauschen möchte, dann ist das natürlich auch eine Dienstleistung, die ich in Anspruch nehme. Die gibt es nur, weil es dieses Blockchain-Netzwerk gibt. Aber so gesehen auch kein neues Modell, sondern ein existierendes Modell. Exchanges gab‘s schon vorher, wenn man die Börsenhändler oder auch Währungs-Exchanges ansieht. Also das ist aber trotzdem eine Service-Dienstleistung in diesem Kreis der Blockchain. #00:50:38.5#

 

Roland Schäffer: Ich habe auch noch eine Frage so. Und zwar zielt das jetzt viel auf Blockchain für Enterprise ab. Und ich quasi als Laie, als Roland Schäffer, als Privatperson, würde gerne wissen, welche Auswirkungen siehst du denn bei Blockchain für Privatleute? Du hast ja schon angesprochen gerade die personalisierte medizinische Therapie. Und ich kann mir vorstellen, so als Zahlungsmittel kann man Blockchain bestimmt auch nutzen. Aber für den Privatmann oder die Privatfrau, wo siehst du da Auswirkungen? Gerne auch jetzt in der nächsten Zukunft oder in 2030. #00:51:08.5#

 

Andreas Göbel: Ja, guter Punkt. Also zusätzlich zu den Blockchain-Auswirkungen wie Kryptowährung oder ist natürlich was Spekulatives, oder auch die bekannten ICOs, also Initial Coin Offerings, das ist ja diese Art Crowdfunding, die man betreiben kann unregulierter Weise, um Geschäftsmodelle zu realisieren, ist auch spekulativ, gibt’s natürlich auch Anwendungsfälle, die, so wie sie denn vollständig implementiert werden, die Privatperson betreffen können. Also was wir sehen, ist natürlich, dass gerade im Bereich der klinischen Studien, also so wie man denn als Patient in einer klinischen Studie teilnimmt, dort gegebenenfalls auch Blockchain-Anwendungsfälle sieht mit wirklich Eigenbeitrag durch Daten. Also wir sehen Ansätze, dass man Resultate von klinischen Studien, sei es jetzt direkt an klinische Studien gewandt oder auch Resultate von der Verwendung pharmazeutischer Produkte, Stichwort Real World Data, dass man selbst die Hoheit über diese Daten behält, aber diese dann trotzdem weitergeben kann, gegebenenfalls auch incentiviert wird dafür, um eben hier gewissen Unternehmen ein Feedback zu bieten und das vollständig selber kontrollieren kann. Und weiterhin ist natürlich auch immer der Gedanke Marktplatz ein Thema. Also man könnte dezentrale Marktplätze realisieren, quasi ein Amazon ohne Amazon. Aber an der Stelle muss ich immer dazusagen, das ist ein Mittelsmann an der Stelle, ja. Man muss aber nicht zwingend alle Mittelsmänner abschaffen. Also bei Amazon würde ich aus gewissen Gründen davon absehen, denn die Dienstleistung, die die erbringen, ist ja nicht schlecht. Die haben sehr gute Logistikzentren, die Lieferungen sind nicht wirklich teuer, sie führen allgemein zu Vorteilen eigentlich für den Kunden. Insofern ist das etwas, wo ich sagen würde, nein, also das brauchen wir jetzt nicht als Blockchain-Netzwerk dezentral und so weiter. Es gibt den Mittelsmann, er macht das relativ gut, er ist nicht unheimlich teuer, der könnte durchaus stehenbleiben. Ein bisschen anders ist das Uber vielleicht, was auch möglich wäre, an der Stelle etwas Dezentrales zu realisieren, da man doch auch viel Negatives hört über die Bedingungen, über die Menge an Geld, die die Fahrer abgeben müssen. Das ist eine Stelle, wo man sich dann überlegen muss: Ja, das würde vielleicht auch besser gehen. #00:53:47.8#

 

Roland Schäffer: Spannend! #00:53:49.2#

 

Benjamin Krebs: Spannend! Also das ist cool. Werden wir sicherlich auch in der Ankündigung für den Podcast verwenden. Ich glaube, das ist eine spannende Schlagzeile: Amazon ohne Amazon oder Uber ohne Uber. Ich möchte mal kurz einen Reality Check einfügen. Die erste Blockchain ist 2009 bei der Implementierung der Bitcoin Software mir quasi untergekommen. Es ist seitdem immer mal wieder ein Thema und eigentlich auch ein bisschen ein Dauerbrenner. Wir haben jetzt heute gesehen oder gehört, besser gesagt, dass es viele marktreife Lösungen schon gibt. Dadurch werden auch hohe Erwartungen in diese Technologie gesetzt und geweckt. Andreas, deine Sicht, ist Blockchain in der Lage, diesen hohen Erwartungen gerecht zu werden? #00:54:46.5#

 

Andreas Göbel: Muss ich etwas ausholen. Zum einen, wenn man Blockchain neben andere Technologien stellt, ist diese Disziplin der digitalen Megatrends tatsächlich etwas die undankbarste, denn man braucht einen langen Atem. Zum einen, um tatsächlich eine Lösung zu implementieren aufgrund der vorausgesetzten Konsortien, und wie auch schon erwähnt, haben wir das Problem, dass ich jetzt nicht wie mit IoT oder AI Short und Midterm Return on Invest realisieren kann, sondern eben nur Longterm. Und das ist so ein bisschen der Krähenfuß an der Disziplin. Nichtsdestotrotz ist der Longterm Return meines Erachtens sehr wertvoll. Und der multipliziert sich auch in andere Use Cases und Anwendungsfälle hinein. Weiterhin scheint natürlich, wie vorhin schon erwähnt, noch ein bisschen die schlechte Reputation der Kryptowährungen durch. Aber als Reality Check zusammenfassend zu sagen ist, dass das Blockchain-Konzept funktioniert. Man muss sich im Klaren sein, was sind die Anforderungen an den Prozess. Und wenn die Anforderung Vertrauenswürdigkeit in Daten und Prozesse lautet, dann ist Blockchain, aller Wahrscheinlichkeit nach, ein probates Mittel, um das zu realisieren. Und an den Stellen, wo es gemacht wird, funktioniert es auch schon sehr gut. An dieser Stelle würde ich sagen, in zehn Jahren benutzen wir bestimmt die Blockchain unter der Haube und merken es noch nicht mal. #00:56:22.9#

 

Roland Schäffer: Oh! Dazu ein passendes Zitat, das ich mir rausgesucht habe. Und zwar Michael Henke, Professor für Unternehmenslogistik an der TU Dortmund, und sogar Leiter des Fraunhofer Instituts für Materialfluss, hat gesagt: „Es ist wie mit jeder neuen Technologie. Erst gibt es einen Hype, dann die Enttäuschung.“ Jetzt haben wir viel über den Hype auch gesprochen. Was muss aus deiner Sicht gemacht werden, damit es zu keiner Enttäuschung kommt, sondern dass es Hype-Technology ist auch in den nächsten Jahren? #00:56:50.3#

 

Andreas Göbel: Ich denke, da müssen wir gar nichts tun, denn die Enttäuschung ist ja so gesehen schon passiert. Also wir laufen ja momentan schon durch das Tal der Tränen. Und so die Realität kommt zum Vorschein, dass ich eben nicht eine Blockchain einfach dahinstelle und plötzlich funktioniert alles automatisiert und ich kann jedem vertrauen. Sondern es gehört zum einen nicht nur Blockchain dazu, wir brauchen weitere Technologien, es gehört jede Menge Arbeit dazu. Ich kann auch eine Blockchain-Lösung nicht einfach installieren wie ein ERP-System. Nicht, dass das einfach wäre, so ein ERP-System von SAP zu implementieren, aber da kommt noch mal eine gehörige Schippe Komplexität obendrauf. Und man muss sehr viel berücksichtigen, man muss Daten klassifizieren, man muss sehr komplexe Logikansätze implementieren, man muss teilweise auch etwas vorausschauend arbeiten. Gerade im Bereich von Smart Contracts und deren Lifecycle Management muss man ganz andere Ansätze verfolgen wie beim traditionellen Sofware Lifecycle Management. Und all diese Dinge zusammen, wenn man die begriffen hat und die entsprechend berücksichtigt, dann kommen da erfolgreiche Anwendungen zum Vorschein. Und das ist eben genau das, dieses Enttäuschungstal, was durchlaufen wurde. Denn es ist doch sehr viel anstrengender als vermutet zunächst, hier zu erfolgreichen Anwendungen zu kommen. #00:58:21.6#

 

Benjamin Krebs: Sehr gut! Dann sind wir den schwierigsten Teil des Weges ja schon gegangen und können uns jetzt dann eigentlich sehr stark in die Richtung der Zukunft bewegen und in das, was da dann kommen mag und wird. Und deswegen würde mich dein Ausblick, Andreas, interessieren. Unser Podcast heißt ja Road to 2030, also wollen wir natürlich von dir wissen, wie siehst du denn die Entwicklung der Blockchain-Anwendungen und Anwendungsfelder bis 2030? #00:58:54.7#

 

Andreas Göbel: Ich sehe sehr viel Potenzial in der Art und Weise, wie sich Konsortien bilden. Denn wie schon erwähnt, technologisch gesehen könnte bereits sehr viel realisiert werden. Oft hapert es daran, dass sich die richtigen Parteien zusammenfinden. Wenn die sich dann zusammengefunden haben, dann geht’s ja auch noch um das Governance-Modell dieser Netzwerke. Und das ist eben auch etwas, wo es heute noch nicht so viele Best Practices, Leitfäden und ähnliches gibt. Also da ist erst mal meine Erwartungshaltung, dass an der Stelle nicht die Technologie, sondern der Mensch dazulernt und eben auch Methoden entwickelt, wie man diese Konsortiums-Findung und etwaige Governance-Modelle beschleunigen und verbessern kann. Und natürlich erwarte ich dann auch, dass Konsortien, die sich heute schon gefunden haben, dann auch an Momentum gewinnen und gerade auch in Richtung der Pharma-Konsortien geblickt, dann auch wirklich Anwendungsfälle umgesetzt werden, die letzten Endes den Patienten helfen. Das ist so die Erwartungshaltung, aber auf der anderen Seite natürlich auch die Hoffnung von meiner Seite. Weiterhin bin ich der Meinung, dass diese technische Diskussion über Blockchains, die wird verschwinden. Auch die Diskussion über Vertrauen in Daten und diese Sicherheitsaspekte, das wird zum gleichen Maße verschwinden, aber auch selbstverständlich sein, wie wir heute unseren Browser beim Internetbrowsen ansehen und wissen, da ist oben der grüne Haken an der URL und deswegen ist das Ganze sicher. Da fragt auch keiner, warum ist das jetzt noch mal sicher und … #01:00:50.9#

 

Benjamin Krebs: Ja genau! #01:00:52.4#

 

Andreas Göbel: … habe ich jetzt diesen Verschlüsselungsmechanismus verstanden, weiß ich, wie der Handshake geht, TLS und alles? Nein, das weiß keiner. Aber es ist Usus, es ist eben so. Und auf ähnliche Art und Weise wird es mit der Blockchain-Technologie und der damit einhergehenden Vertrauenswürdigkeit von Daten und Prozessen auch sein. #01:01:09.6#

 

Benjamin Krebs: Sehr gut! Das passt ja auch wunderbar zu unserem Motto Creating Technology to enable Human Pogress. Das, was du gesagt hast, gerade in den Anwendungsfeldern wirklich den Menschen weiter nach vorne zu bringen und auch weiter zu helfen bis 2030. Ich habe eine Schlussfrage noch, und zwar dein persönlicher Ausblick, was für dich die weitreichendste Entwicklung in diesem Feld sein wird? Sei das jetzt technologisch, aber gerne auch gesellschaftlich. Also wo wird sich für uns die größte Veränderung bewegen, wenn du mal deinen persönlichen Ausblick auf Blockchain-Technologie geben solltest? #01:01:54.5#

 

Andreas Göbel: Wenn man es logisch zu Ende denkt, und da denke ich auch häufig hin, was wird sich denn für uns im Einzelnen ändern? Und das ist eigentlich relativ logisch. Also wir hatten schon Netzwerke, wir hatten schon auch Datenschutz und Datensicherheit und im Internet, ja, alles da, und das Internet hat auch viel enabelt, aber das Internet hat eben auch durch diese fehlende Trust-Komponente auch viel Betrug und sonstige Dinge ermöglicht. Und mein Dafürhalten ist, dass durch eben diese Vertrauenskomponente der Blockchain-Technologie das abgestellt werden kann. Das ist die Zukunft eines vertrauenswürdigen Internets mit Sicherheit unter Verwendung einer Technologie wie Blockchain. #01:02:44.2#

 

Sie haben Ihr Ziel erreicht.

 

Benjamin Krebs: Super! Vielen Dank für diesen Ausblick und diese Episode mit dir. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, diese Etappe mit dir zu fahren, Andreas. Wir haben heute gelernt zum Thema Blockchain, wie man aus alter Technologie oder vorhandener Technologie, sagen wir es mal besser so, mit der richtigen Kombination was komplett Neues erzielen kann, nämlich den verteilten Konsens. Wir haben außerdem gelernt, warum es wichtig ist dabei, dass alles dezentral, unveränderbar und mit absoluter Sicherheit gespeichert wird über diese Technologie. Weitere Aspekte, die wir betrachtet haben, waren dabei, dass es einfach ist, wenn rein digital ist, ein bisschen schwieriger, wenn physikalische Komponenten mit dazukommen. Wir haben außerdem gesehen, dass die Verbreitung immer weiter steigt. Und wir haben über die Wichtigkeit von Konsortien gesprochen, allerdings nicht im gleichen Kontext wie im berühmten Roman von Michael Ende „Momo“, sondern in anderen Kontexten. Und wir haben außerdem gesehen, dass der Effekt absolut riesig sein könnte, sogar vielleicht so groß wie vor 500 Jahren, als die doppelte Buchführung eingeführt wurde. Ein weiterer wichtiger Punkt, glaube ich, war das Thema Vertrauen. Es kam immer wieder vor, dass Trust und Vertrauen eine zentrale Komponente ist im Bereich der Blockchain. Und wir haben außerdem gelernt, dass es keine Anonymität gibt, was auch für viele vielleicht ein neuer Aspekt ist. Für mich die sicherlich interessanteste oder spannendste Frage: Wird es in Zukunft Amazon ohne Amazon oder Uber ohne Uber geben? Ich glaube, das wird die Zeit zeigen, aber das Potenzial ist mit Sicherheit da. Und Danke für diese Ausführungen, die du uns heute gegeben hast, um das Verständnis dafür zu ermöglichen und unsere Gedankenwelt in Richtung der Blockchain-Technologie zu erweitern. #01:05:03.6#

 

Roland Schäffer: Danke dir! #01:05:05.0#

 

Andreas Göbel: Danke fürs Zuhören! #01:05:06.2#

 

Roland Schäffer: Damit sind wir für heute schon wieder am Ende unseres Technologie-Dialogs. Vielen Dank noch mal an unseren heutigen Beifahrer Andreas für die spannenden Ein- und Ausblicke. Und wenn euch die Folge gefallen hat, würden wir uns sehr freuen, wenn ihr unseren Podcast abonniert, das könnt ihr unter Spotify, SoundCloud, Deezer, Amazon, der Dell Technologies Mediathek, YouTube und im Apple Podcast. Dort auch gerne eine kleine Bewertung dalassen. Vielen Dank euch! Und in der nächsten Folge in zwei Wochen haben wir Katrin Suder zu Gast. Dann sprechen wir über das spannende Thema digitaler Staat. Bis dahin! Bleibt safe! Ich freue mich auf euch. #01:05:44.1#

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