Ich unterhalte mich oft und gern mit „jungen Leuten“, also mit Menschen, die noch deutlich unter dreißig sind. Ich tue das häufig im Rahmen von Bewerbungsgesprächen, aber auch, wenn ich Recruitment-Veranstaltungen oder Bildungseinrichtungen besuche. Es ist die so genannte Generation Z (also die ab Mitte der 90er-Jahre Geborenen), die eine Welt ohne Internet erst gar nicht kennengelernt hat und mit Smartphones, Apps und Sozialen Medien groß geworden ist. Diese ständig präsenten Medien und Kommunikationsmöglichkeiten prägen natürlich, und ich kann immer wieder feststellen, dass diese Generation durchaus ein wenig anders tickt als die davor. Es sind Themen wie Nachhaltigkeit, Umwelt, Diversität, soziales Umfeld, Flexibilität, Selbstverwirklichung, die diese Generation offensichtlich mehr umtreibt als die älteren Semester, und gerade in Bewerbungsgesprächen wird immer wieder betont, wie wichtig es den Betreffenden ist, in ihrem Leben etwas Sinnvolles zu tun.
Es ist nun nicht so, dass man früher in seinem Beruf gerne was Sinnloses getan hätte, aber vielleicht hat man eine Sinnhaftigkeit der eigenen Tätigkeit einfach unterstellt, oder es war einem auch mehr oder weniger egal. Wichtiger waren auf jeden Fall Dinge wie Karriere, Einkommen, vielleicht auch der Status. Wobei es selbstverständlich nicht so ist, dass diese Dinge heute keine Rolle mehr spielen würden. Aber sie werden doch anders gewichtet. Und nach den Möglichkeiten, die der künftige Arbeitgeber für ein Sabbatical bietet, hat man sich früher in Bewerbungsgesprächen eher nicht erkundigt. Für mich ist das eine sehr auffällige Verschiebung von Wertvorstellungen, und aufgrund meines häufigen Kontakts zur Generation Z kann ich auch sagen, dass das in der Summe kein Zufall sein kann.
Umso erstaunter war ich, als ich kürzlich las, dass das ganze Generationen-Konzept neuerdings in Frage gestellt wird. Der Marburger Soziologe Martin Schröder spricht sogar von einem „Generationenmythos“. Nach seiner Ansicht unterscheiden sich die unterschiedlichen Geburtenkohorten, die dem Generationen-Konzept zugrunde liegen, nur wenig hinsichtlich ihrer Lebensziele oder Wertvorstellungen. Veränderungen führt er vielmehr auf einen allgemeinen Wertewandel in der Gesellschaft und auf die Veränderung von Einstellungen mit zunehmendem Lebensalter zurück.
Diese Auffassung ist jedoch umstritten; so hält beispielsweise der Jugendforscher Simon Schnetzer am Generationen-Konzept fest, indem er sagt: „Ich gebe Prof. Schröder insoweit Recht, dass sich die Einstellungen der Älteren und Jüngeren kaum unterscheiden. Doch das Verhalten und wie sie gesellschaftlich/technologisch geprägt sind, unterscheidet sich erheblich. Und genau aus diesem Grund ist es so wichtig, dass wir über eine Generation Z sprechen und dadurch begreifbar machen, welche Veränderungen in der Gesellschaft an Bedeutung gewinnen.“
Schnetzers Bewertung entspricht im Übrigen auch den Ergebnissen einer Studie über Einstellungen und Verhalten der Generation Z, für die im Auftrag von Dell Technologies über 12.000 Schüler und Studenten (darunter 717 in Deutschland) zu ihren Ansichten über Technologie und zukünftige Karrieren befragt wurden. Unserer Studie zufolge ist diese „Gen Z“ zwar sehr Technik-affin, dabei aber keineswegs naiv im Umgang mit digitalen Technologien und Medien. Sie schätzt die eigenen technologischen Fähigkeiten hoch ein, stellt sich darauf ein, sich auch im Beruf mit modernen Technologien auseinanderzusetzen und legt gleichzeitig großen Wert auf Datenschutz. Im Unterschied zu manchem Vorurteil gegenüber der Generation Z lassen die meisten Befragten beispielsweise in Hinblick auf den Berufseinstieg beim Posten von Kommentaren oder Bildern in Sozialen Medien durchaus große Vorsicht walten.
Ich will gewiss nicht in eine soziologische Fachdiskussion eingreifen; ich kann nur wissenschaftlich ungestützte Beobachtungen aus der Praxis beisteuern. Aber nach meiner ganz persönlichen Einschätzung lassen sich die in so vielen Gesprächen zum Ausdruck gekommenen Einstellungen junger Leute nicht allein auf veränderte Einstellungen der Gesellschaft insgesamt zurückführen, obwohl auch das bestimmt eine Rolle spielt. Ich bin mir vielmehr recht sicher, dass vor allem der massive Einfluss neuer Kommunikationsmöglichkeiten der Generation, die damit aufgewachsen ist, ein ganz eigenständiges Profil gegeben hat. Insgesamt ist das eine sehr interessante Diskussion, und ich freue mich, dass wir mit unserer Studie gewissermaßen mittendrin gelandet sind. Es bleibt also spannend – und wir bleiben am Ball.