„Internet der Dinge“ und „IoT“ kommen im aktuellen Entwurf des Koalitionsvertrags nicht vor, aber es gibt einige Stellen über Industrie 4.0, die auf IoT hindeuten könnten. Für besondere Aufmerksamkeit hat die Passage „Zentrale Ziele sind … die Schaffung offener und interoperabler Standards“ gesorgt. Sie bringt die eigentliche Misere von IoT auf den Punkt, denn bislang entwickelt jeder Anbieter die Software seiner IoT-Lösungen, Maschinen und Roboter nach eigener Fasson. Sie sind kaum kompatibel zueinander und versetzen uns zurück in die 80er Jahre mit ihrer fragmentierten IT-Landschaft. Haben wir nichts dazugelernt? Die Implementierung solcher proprietären Systeme ist aufwendig, der Betrieb ineffizient, und letztlich öffnen sie Hackern Tür und Tor, weil so viele unterschiedliche Devices und Geräte kaum abzusichern sind.
Schuld sind aber nicht die einzelnen Hersteller, sondern die mangelnde Standardisierung; die Frage ist natürlich, woher sie kommen soll, wenn ein neuer und dynamischer Markt entsteht. Es gibt in der Zwischenzeit zwar viele Vorstöße zahlreicher Akteure (maßgeblich Hersteller), die ihr eigenes Standard-Süppchen kochen, aber zielführend war bislang keiner. Auch vereinzelte Länder wie Frankreich versuchen, Standards im Alleingang zu entwickeln, und die nächste Bundesregierung hat endlich auch kundgetan, die Ärmel diesbezüglich hochzukrempeln – siehe oben. Ob sie am Ende zu konkreten Ergebnissen kommt, spielt übrigens kaum eine Rolle, denn ein Alleingang führt höchstens zu einem Standardisierungs-Flickenteppich, was den Sinn einer IT-Standardisierung ad absurdum führt. Es geht vorrangig um die Zusammenarbeit mit globalen Standardisierungsgremien und anderen Nationen. Zu Recht sagt der aktuelle Koalitionsvertrag, dass „die Entwicklung gemeinsamer globaler Standards und Normen vorangetrieben werden“ müsse. Aber der politische Wille ist das Eine, und die Umsetzung kann dauern.
Diese zögerliche Entwicklung hindert Marktforscher übrigens nicht daran, sich mit Superlativen zu überschlagen und die optimistischsten Prognosen in die Welt zu setzen. BI Intelligence zum Beispiel spricht von einem Fünfjahres-Marktvolumen von 6.000 Milliarden US-Dollar. Andere Analysten liegen ganz ähnlich.
Das schnelle Wachstum ist kein Wunder, schließlich verspricht IoT viele Vorteile: schlankere Prozesse, schnellere Reaktionsfähigkeit am Markt, prädiktive Wartung, bessere Maschinenauslastung, Rückverfolgbarkeit von Produkten, neue und innovative Märkte, glücklichere Kunden und insgesamt geringere Kosten für IT, Produktentwicklung und Unternehmen.
Diese Vorteile haben aber ihren Preis: gigantische Datenmengen. Um sie erstens in den Griff zu bekommen, und zweitens daraus möglichst hochwertige (Business-)Erkenntnisse zu gewinnen, sind neue Analyseverfahren notwendig, die auf maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz beruhen. Beide Technologien finden zunehmend Einzug in IoT, und ich wage die Aussage, das KI und IoT schon in allernächster Zukunft untrennbar voneinander sein werden. Ich gehe sogar einen Schritt weiter und prognostiziere, dass wir in einigen Jahren zurückblicken werden auf den Zeitpunkt, als IoT und KI die Wirtschaft und unsere Art zu leben, substanziell verändert haben.
Das schönste Beispiel dafür ist autonomes Fahren, das nicht nur klassische Fahrzeuge ablösen und Innovation in Reinform darstellen wird; es wird das Leben von Millionen Geschäftsleuten verändern, die persönliche Mobilität nicht mehr als verlorene Zeit hinterm Steuer gleichsetzen, sondern endlich mit effektiver Arbeitszeit kombinieren werden. Gleichsam werden Millionen Menschen mit Fahr-Aversion oder -Unvermögen wieder uneingeschränkte Mobilität hinzugewinnen. Allein autonomes Fahren wird unser aller Lifestyle umkrempeln.
Auch Dell Technologies ist bei IoT Vorreiter, das hat Michael Dell prominent während der Vorstellung der neuen IoT-Strategie vergangenen Herbst bestätigt: „IoT verändert grundundlegend unsere Lebensweise, die Arbeitsweise von Unternehmen und die Welt.“ Diesen Worten folgen auch Taten: Es gibt einen neuen Geschäftsbereich eigens für IoT, und allein in den nächsten drei Jahren investieren wir eine Milliarde in das Internet der Dinge.